Ökologie und Nachhaltigkeit als Geschäftsprinzip für Floristen
Die Umwelt lebenswert erhalten, dem Klimawandel entgegenwirken und gleichzeitig im Betrieb ökonomisch handeln – geht das überhaupt? Was kann ein Floristikfachgeschäft in Sachen Ökologie leisten? Welche Maßnahmen sind sinnvoll?
Wir haben bei Blumengeschäften und deren Zulieferern nachgefragt.
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Umweltschutz in der Floristik
Wenn Sven Kolberger am Montagmorgen in Kiel Blumen an seine Kunden ausliefert, sitzt er in einem Elektro-Auto. Für den Floristikmeister ist Umweltschutz zum Geschäftsprinzip geworden. Soweit es machbar ist, gestaltet er die Arbeitsinhalte im „BlumenStudio Kolberger“ unter ökologischen Gesichtspunkten.
Für ihn ist das einerseits eine Frage der persönlichen Einstellung, andererseits kommt sein umweltbewusstes Handeln bei den Kunden gut an.
Was bedeutet ökologisch und nachhaltig?
Sprechen wir vom Öko-System, meinen wir meistens die Wechselbeziehung von Lebewesen wie Mensch, Tier und Pflanze mit Boden, Klima, Wasser, Luft. Das Wort „Nachhaltigkeit“ soll ursprünglich aus der Forstwirtschaft kommen. Hans Carl von Carlowitz, Oberberghauptmann im Erzgebirge, prägte im 17. Jahrhundert den Begriff.
Nachhaltig bedeutete für ihn, dass im Wald nur so viel abgeholzt werden darf, wie in absehbarer Zeit wieder nachwachsen kann. Nachhaltiges Handeln findet im Hier und Jetzt statt, damit Ressourcen für künftige Generationen erhalten bleiben. So die Theorie.
Neue Wege gehen
In der betrieblichen Praxis sind meistens Veränderungen erforderlich, um möglichst umweltgerecht zu arbeiten. Im ersten Schritt wird der Ist-Stand erfasst, analysiert und im nächsten optimiert.
Das ist nicht ganz einfach, denn nicht jede für die Umwelt wünschenswerte Maßnahme lässt sich in die Arbeitsprozesse integrieren. Ebenso sind ökonomische Faktoren, das Leistungsspektrum, die Kundenstruktur und der Standort mit entscheidend. Ideen, was sich mit Blick auf den Faktor Ökologie in welcher Weise verbessern lässt, können im Team entwickelt und diskutiert werden.
Hier hilft ein Fragenkatalog:
- Verpacken wir umweltschonend?
- Können wir beim Transport etwas verändern?
- Wie ist die Energieversorgung und -nutzung im Betrieb?
- Ist unser Sortiment optimal gestaltet?
- Lässt sich noch mehr Müll vermeiden oder verwerten?
Papier contra Folie
„Wir haben noch nie in Folie verpackt! Florales gehört nicht in Plastik gehüllt“, erklärt Katrin Susen, Mitarbeiterin bei „Blumen Gabi Schlagner“ in Neukirchen- Vlyn. Bei „Blumen Risse“ in Bielefeld wird für dem Kunden 1 A für die Verpackung in Folie berechnet. Im Geschäft „Die Blume – Creativwerkstatt“ in Schönenberg-Kübelberg ist das genauso.
Wer in seinem Geschäft Folie zum Verpacken der Blumen und Pflanzen einsetzt, nimmt in der Regel eine Verpackungsgebühr. Kosten für Papier fallen für den Kunden nicht an. Eine Umfrage in einer Floristik-Gruppe bei Facebook ergab, dass in den meisten Betrieben sowohl Blumenpapier
als auch Folie verwendet werden, je nachdem, was der Kunde wünscht. Weniger als ein Fünftel der Betriebe verwendet generell keine Folie. Zu ihnen zählt Blumen Heitmann in Ascheberg, der Folie bereits vor 22 Jahren aus dem Betrieb verbannt hat. „Gebrüder Pauls“ in Monschau nutzt neben Papier Kunststoff-Netze zum Verpacken.
Blumen durch eine Verpackung vor Transport- oder Witterungsschäden zu schützen oder Blumensträuße durch Geschenkverpackungen aufzuwerten, ist für Floristen unerlässlich.
Im Moment dominiert die Einschätzung, dass Papier die beste ökologisch vertretbare Verpackung sei. Holger Riedt, Hersteller und Großhändler für Papiere und Folien in Widdern/Heilbronn, schätzt, dass in seinem Betrieb die Papier- Nachfrage in den letzten zehn Jahren um etwa 40 % gewachsen ist. Doch bereits 2010 wurde in einer Wiener Studie festgestellt, dass ein Verzicht auf Kunststoffverpackungen und die ausschließliche Verwendung alternativer Materialien den Energiebedarf pro Jahr verdoppeln und den Ausstoß von Treibhausgasen verdreifachen würde.
In einer Nachricht des Bundesumweltamts vom 31. Januar 2017 heißt es weiterhin: „Die Abfallwirtschaft verwertet die gesammelten Kunststoffe nahezu vollständig …“. 45 % der Abfälle werden zu neuen Werkstoffen, 1 % zu Rohstoffen und aus 53 % wird Energie gewonnen.
Am umweltverträglichsten: gar keine Verpackung
Blumenpapier kann nicht zu 100 % aus Altpapier bestehen. Da es dünn, reiß- und wasserfest sein sollte, hat es immer auch einen Frischfaseranteil aus Holz, in der Regel sind es zwischen 30 und 50 %. Auch für das Bedrucken mit Logo spielt die Festigkeit eine Rolle. Als ergänzende Alternative zu herkömmlichem Papier könnte sich „Graspapier“ entwickeln, das aus Heu gewonnen wird.
Für den Blumenhandel sind die Graspapier- Produkte derzeit noch zu dick und zu fest, doch Holger Cremerius, Geschäftsführung der Kopa Vereinigte Papier und Verpackungs GmbH & Co. KG, sagt Graspapier eine große Zukunft voraus. Auch er registriert im Blumenhandel eine deutliche Zunahme des Papierverbrauchs.
“Bei uns kommen die Kunden vorwiegend aus dem Stadtteil“, erzählt Monika Nieland von der Straussbar in Hamburg und fügt hinzu: „Wir fragen unsere Kunden immer, ob sie es weit haben und unbedingt Papier für die Blumen brauchen.
Die meisten nehmen die Blumen dann unverpackt mit. Dadurch haben wir den Papierverbrauch um 30 % gesenkt.“
Das ist eine ökologische und zugleich ökonomische Maßnahme, sofern es die Witterung zulässt.
Papier oder Plastik – was ist schädlicher?
Plastik oder Papier? Das Thema ist komplex, den Königsweg gibt es derzeit nicht. Die im Text erwähnte Wiener Studie („Die Auswirkungen von Kunststoffen auf Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen in Europa“, Bernd Brandt, Harald Pilz, Kurzfassung, 2011) besagt, dass alternative Materialien – also auch Papier – anstelle von Kunststoff in der Öko- Gesamtbilanz nicht sonderlich gut da stehen. Papierverpackungen sind also nicht so umweltfreundlich wie es auf den ersten Blick scheint. Eine ergänzende Alternative könnte das im Text genannte „Graspapier“ sein. Weiterführende Informationen zu dem Thema finden Sie unter anderem auf diesen Websites:
- nabu.de – Umwelt und Ressourcen
- greenpeace-magazin.de
- ndr.de/ratgeber
- Verbände der Kunststoffindustrie: kunststoffe.de
- Verband deutscher Papierhersteller: papierindustrie.de
Transport, Energie und Öko-Faktor Sortiment
Sven Kolberger auf dem Weg zu seinen Kunden in Kiel mit seinem E-Auto. Kolberger: „Umweltbewusstes Handeln kommt beim Kunden sehr gut an.“
Als Sven Kolberger sich entschied, ein Elektro-Auto für sein BlumenStudio anzuschaffen, brauchte er ohnehin ein neues Fahrzeug. Ein Fahrzeug, das kein CO2 ausstößt, istfür ihn genau das Richtige. Der Neupreis für Elektro-Autos ist nicht gerade günstig. Die Anschaffungskosten für Kleintransporter beginnen bei etwa 20.000 €. Je nach Nutzfläche und Zuladung können es 60.000 € oder mehr werden. Eine Summe, die erst mal erwirtschaftet werden will. Inzwischen bietet der Autohandel auch Leasing für Elektro-Fahrzeuge an, doch das Angebot ist weitaus geringer als bei konventionellen Autos. Auch ihre Reichweite ist kürzer. Hersteller sprechen von 150 bis 300 km. Wer längere Strecken zurücklegen muss, könnte weniger flexibel sein. Denn neben der Reichweite muss geprüft werden, wo es Ladestationen gibt.
Durch Steuervergünstigungen sind jedoch die Unterhaltungskosten günstiger. Außerdem kostet Strom derzeit weniger als Benzin. Sven Kolberger geht noch einen Schritt weiter: Sein Stromanbieter liefert ausschließlich Öko-Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Um den Energieverbrauch im Geschäft möglichst gering zu halten, nutzt er stromsparende Beleuchtung: „Wir haben unser Beleuchtungskonzept auf eine effiziente Energie-Nutzung durch Tag und Nacht- beziehungsweise Dämmerungsschaltung abgestimmt.“
Eine der ersten Einkaufsquellen für viele Floristen sind Gärtnereien aus der Region. Man kennt sich, hat kurze Transportwege und spart Energie. Blumengroßhandel, -großmarkt oder Erzeuger, jeder hat seine Bezugsquelle, je nachdem, was er für sein Sortiment benötigt und was bei den Kunden gefragt ist.
Hier gilt es Punkt für Punkt zu überdenken, immer mit der Frage verbunden:
- Ist das Produkt ökonomisch für den Betrieb wichtig?
- Ist es ökologisch vertretbar? Gibt es Alternativen?
Ethische Aspekte
Ebenso spielen ethische Aspekte in Bezug auf Herkunft und Produktion von Blumen eine Rolle. Für die Blumen von „Fairtrade-Händlern“ wird der durchschnittliche Weltmarktpreis plus einer
Fairtrade-Prämie plus Bio-Zuschlag in Rechnung gestellt. In Deutschland vergibt TransFair e.V. das Fair-Trade-Siegel.
Ungebrochen ist die Nachfrage nach Bio- Produkten. Cornelia Pelzer erzeugt Bio- Blumen in Bad Belzig bei Berlin. Auf 12 000 m2 baut sie Sommerschnittblumen an. Sie verkauft sie von Mai bis Oktober auf Berliner Wochenmärkten und liefert an mehrere Blumengeschäfte. „Das ist mein persönlicher Beitrag für den Umweltschutz und die Schaffung von Arbeitsplätzen in einer strukturschwachen Region,“ schreibt sie auf ihrer Website. Der Verzicht auf chemischen Pflanzenschutz und synthetische Dünger schone ganz eindeutig die Umwelt.
Florale Kunst mit Upcycling
„Upcycling“ ist auf dem Vormarsch. Nutzlose oder defekte Produkte bekommen eine neue Funktion und Aufwertung. Auf diesem Feld beweist die Floristik immer wieder ihren Ideen-Reichtum. Floristische Arbeiten auf der Internationalen Gartenausstellung 2017 in Berlin zum Beispiel zeigten zahlreiche Werkstücke, die dem Upcycling zuzuordnen waren. Upcycling als Serviceleistung für Kunden kann eine Idee sein, sein Portfolio zugunsten der Umwelt zu erweitern.
Wer sein ökologisch verantwortungsvolles Handeln gezielt bewirbt und bei seinen Kunden ins Gespräch bringt, verstärkt sein positives Image und am Ende haben alle etwas davon – insbesondere unser blauer Planet.
Text: Birgit Puck
erschienen in der Ausgabe 01/2019 florieren! – Ulmer Verlag